Dr. Hugo Portisch

Österreichs Journalistenlegende

In Memoriam eines ganz, ganz Großen

In diesem Blog und Podcast analysiert der profilierte Journalist gewohnt pointiert die aktuelle Lage in Russland, Amerika, Syrien, Afrika und in der EU.

Mit 94 war er brillant wie eh und je. Lest hier und hört im Podcast eines der letzten Interviews seines Lebens. Es ist eine große Ehre, es geführt zu haben.

Wann hat man schon mal Gelegenheit einer echten Legende gegenüberzusitzen? Dr. Hugo Portisch war so eine. Er  war immer hautnah dran am Weltgeschehen, ob bei der Berliner Luftbrücke, beim Staatsvertrag oder der Kubakrise. Seine Fernseh-Dokus – etwa Österreich II – waren Straßenfeger. Mit 94 war er nach wie vor brillant informiert, eloquent, blitzgescheit und humorvoll.

Getroffen habe ich ihn in seiner wunderschönen Dachgeschosswohnung im 3. Wiener Bezirk. Umringt von Büchern gab sich Dr. Portisch fröhlich und charmant wie eh und je und plauderte mit mir über sein neues Buch Russland und wir (Ecowin Verlag), analysierte „Zar“ Putin, die Geschehnisse um Alexei Nawalny, Donald Trump, Joe Biden, das Versagen Europas in Syrien oder Afrika und erzählte Anekdoten, etwa warum es in Russland ein Opernhaus gibt, das aus Hühnereiern erbaut ist. 

Lest hier einen Auszug aus dem letzten Podcast einer Legende: Dr. Hugo Portisch.

Der Talk

Ganz viele Menschen wollen wissen: wie geht es Ihnen?

Gut geht’s mir, danke!

Ihr neues Buch ist topaktuell! Was passiert da gerade rund um Alexej Nawalny?

Es ist ein brutales Regime und Putin zeigt einen gewissen Humor wenn er sagt: wir haben ihn nicht vergiftet, denn dann hätte es funktioniert. Er will Nawalny dunsten lassen und ihm klar machen, dass es ihm schlecht gehen und man ihn ausschalten wird, wenn man kann.

Experten seit Gorbatschow sagen dennoch: Nichts ist wichtiger als gegenseitiges Vertrauen. Wie soll das denn gehen?

Damals bei Gorbatschow und Khol – das war fast Freundschaft, deshalb hat Gorbi auch Ostdeutschland quasi hergeschenkt. Man kann Vertrauen mit Russen aufbauen, aber bei Putin hat sogar Frau Merkel Zweifel.

Trump hat es vermasselt

Sie schreiben, die EU und Russland sind aufeinander angewiesen. Warum?

Man sieht es an Amerika. Trump hat es klein und lächerlich gemacht, hat gedroht, und Joe Biden muss das jetzt kitten und die USA wieder groß machen, indem er mitspielt, sich einbindet mit all seiner Stärke. Trump hat es vermasselt. Und bei Russlands ganzer Macht wird es ohne dieses größte Land Europas auch nicht gehen.

Wie tickt Putin? Ist er ein absoluter Herrscher, der, wie Trump, keine Widerrede erträgt?

Er ist einfach gestrickt, so wie alle Herrscher seit dem Zaren. Er ist selber ein Zar.

Warum war es, wie Sie sagen, ein Fehler, dass kein Staatschef zu den Olympischen Spielen nach Sotschi gekommen ist?

Putin hat immer gesagt: er will Russland groß und stark machen wie früher. Und dann sagt ein deutscher Präsident Gauck: es ist mir egal, da geh ich nicht hin! So kann man keine Basis aufbauen. Putin macht, was er will und man hat ihn vor den Kopf gestoßen. Kein Wunder, dass er kurz darauf die Krim angegriffen hat.

Ecowin 2020

Eine vertane Chance. Was ist in der Ukraine passiert?

Die Ukraine wollte näher an die EU – und Putin hat das verhindert, aus Angst, dass die Russen Gefallen an der EU finden könnten. Das ist eine Bedrohung. Aber eines Tages wird er froh sein, denn er braucht die EU – und umgekehrt. Am Amur in Sibirien sieht man das schon: da kommen die Russen sogar mit dem Helikopter über den Fluss nach China, um zu shoppen shoppen shoppen…

Und warum hat man Putin im Nahen Osten das Ruder komplett überlassen?

Er hat seine Chance genützt und sich als starker Mann positioniert, an dem man nicht vorbei kann – um Russland groß zu machen. Die EU hätte diese Macht auch locker gehabt – und hat nichts getan.

Wie sehen Sie die Rolle der Oligarchen?

Als sich die Sowjetunion auflöste, hat sie den Rat des Westens befolgt: auf freie Marktwirtschaft umzustellen. Eine gute Idee, nur gemacht haben das nur die, die es auch vorher schon konnten – nur für den Staat und nicht, wie seither, für die eigenen Taschen – und auch Putin füllt sich fleißig seine eigenen.

Den ganzen Talk hört ihr im Podcast. Warum es in Russland ein Opernhaus aus Hühnereiern gibt, oder was Hugo Portisch – trotz seiner 94 – noch plante: Der Life Radio Buchpodcast: Bücher sind wie Kekse

Bonustrack

Gerade gelesen habe ich…

Invisible

Ursula Poznanski und Arno Strobel

Die beiden schreiben ja schon jeder für sich geniale Thriller, und erst recht gemeinsam!

„invisible“ – und auch der Vorgänger der Serie um die beiden Polizisten Nina Salomon und Daniel Buchholz „anonym“ sind – mit Verlaub – genial abgedreht. Ob sie Trajan jagen, der über seine Opfer im Internet abstimmen lässt, oder auf einen Täter treffen, der Unschuldige zum Morden manipuliert – ist von der Idee her überraschend und sehr, sehr gut geschrieben.

Bitte teilen, verlinken, weitererzählen :o)

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